Das Kutteltürfenster nXVIII Felder 4c und 5c im Münster zu Ulm
Im Jahr 2008 fielen die zwei Glasfelder 4c und 5c mit der Darstellung der Heilige Dorothea aus dem Fenster.
Das Feld 4c prallte nach einer Fallhöhe von ca. zehn Metern auf dem Boden auf, der Sturz von Feld 5c wurde durch den sich innenseitig unter dem Kutteltürfenster befindlichen Windfang der Kutteltür nach etwa sechs Metern gestoppt. Nach der Bergung der Felder und fragmentarischen Gläser durch Mitarbeiter des Münsterbauamtes Ulm sind die Halterungen der verbliebenen Bleiverglasungen überprüft und nachgesichert worden.
Die Arbeiten an zwei mittelalterlichen Bleiverglasungen des Kutteltürfensters aus dem Ulmer Münster stützt sich inhaltlich dabei auf die Ausführungen der Bachelorarbeit „Die Heilige Dorothea des Kutteltürfensters im Ulmer Münster – Bestandaufnahme und Maßnahmenkonzeption zur Konservierung und Restaurierung der Felder 4/5c“, welche als Vorbereitung auf ein Praxissemester bei uns von Frau Wiebke Schneppel erstellt wurde. Die restauratorische und konservatorische Bearbeitung der Felder erfolgte unter der Aufsicht von Frau Sarah Jarron (M.A.-Rest.Glasmalerei) und Herrn Matthias Rothkegel (Glasermeister) ebenfalls durch Frau Schneppel im Rahmen des Praxissemesters.
Einige Auszüge aus der Dokumentation:
...Da die Reinigung, also die Entfernung störenden oder das Objekt gefährdenden Materials, einen irreversiblen Prozess darstellt, ist sie mit Vorsicht und nur nach reiflicher Vorüberlegung auszuführen.
Angesichts der Tatsache, dass die beiden Bleiverglasungen bereits 600 Jahre überdauert haben und sich in einem guten Zustand befinden, wurde auf Eingriffe in die Substanz, wie beispielsweise die Ausdünnung der Wettersteinkruste oder die Entfernung von Laufspuren verzichtet. Die Felder sind einer Trockenreinigung mit einem weichen Haarpinsel und Staubsauger unterzogen worden, um aufliegenden Staub und Schmutz zu entfernen….
…Nach dem losen Zusammenfügen müssen die Sprünge geklebt und so die fehlende Verbindung zwischen den Fragmenten wieder hergestellt werden. Bereits während des Zusammensetzens stellte sich die Frage des weiteren Vorgehens. Um einen Überblick über die noch vorhandenen Stücke zu bekommen, sind diese nach dem Fixieren auf die Bleie aufgelegt worden. Hierbei kam es zu der Erkenntnis, dass die Gläser sehr knapp auf den Bleiruten aufliegen, zwischen Glas und Blei somit kaum Spielraum gegeben ist, welcher für das schadfreie Wiedereinsetzen allerdings vorhanden sein sollte. Da die verarbeiteten Bleiruten auch keine Möglichkeit bieten deren Flanschen aufzubiegen, hätten die Gläser nach dem Kleben nicht einfach wieder in den Verbund eingesetzt werden können….
…Da Klebung und Stabilisierung nicht parallel ablaufen konnten, musste die Stabilisierung in mehreren Schritten erfolgen. Nach einigen Überlegungen ergaben sich verschiedene Möglichkeiten mit dieser Fragestellung umzugehen, die alle gewisse Vorteile, allerdings auch einige Nachteile aufweisen. Bei einer Besprechung mit Vertretern der zuständigen Behörden wurde in einer Diskussion an den Objekten die Durchführung einer schadensspezifischen Klebung beschlossen….
…Bei kleineren Fehlstellen in den Stücken erfolgte eine Auffüllung mit Araldite 2020, welches zuvor mit Orasol-Farbstoffen versetzt worden ist. Zur Überprüfung von Farbton und Intensität wurde eine Probe des Harzes in einem speziell dafür angefertigten Prüfglas im Durchlicht betrachtet, jeweils mit dem Kunstlicht des Leuchttisches sowie Tageslicht….
…Große Fehlstellen sind mit Glas ergänzt worden, welches die gleiche Dicke und Farbigkeit wie das Original aufweist. Nach dem Zuschnitt wurden die Ergänzungen mit Hilfe eines Diamantschleifers an die Form des Originalglases angepasst. Um eine farbliche Angleichung des Klebers an die Glassubstanz zu erhalten, wurden eine Einfärbung mit Keramikfarben vorgenommen. Die Eigenschaften des Klebers werden dadurch nicht beeinträchtigt….
…Da die Gläser sehr eng verbleit wurden, musste für das Einsetzen der fertig geklebten und ergänzten Stücke eine Möglichkeit gefunden werden sie ins Bleinetz zurück zu bringen, ohne dieses zu schädigen. Da vor allem mittelalterliches Blei sehr selten ist, hatte dessen Erhalt Priorität….
…Um die einzelnen Glasstücke vor einem erneuten Absturz zu bewahren, müssen sie im Bleinetz fixiert werden. Da die traditionelle Methode der Leinölverkittung bei derart gealterten Gläsern das Risiko birgt, dass das Öl in die Korrosionsschicht kriecht und dort aushärtet. Dabei können so große Spannungen entstehen, dass die Schicht abgesprengt und das Glas geschädigt wird. Um diese Gefährdung zu umgehen, wurde nach inerten Materialien gesucht, die statt des Kitts Anwendung finden können. Hierbei lag der Fokus nicht nur auf Materialen, die bereits in der Konservierung und Restaurierung bekannt sind….
...Da die Ergänzungen trotz farblicher Anpassung noch sehr hell erschienen und im Durchlicht überstrahlten, sollen sie nach Abschluss aller anderen Maßnahmen durch eine Retusche mit Acrylfarben an ihre Umgebung angepasst werden. Die Retusche erfolgte auf der Rückseite, da so das einfallende Licht bereits vor dem Durchtritt durch die Ergänzung abgeschwächt wird. Aus ästhetischen Gründen wurde darauf geachtet, dass sich die Retusche farblich an der Wettersteinschicht des entsprechenden Stückes orientiert.….
Bericht in Restauro 3/2015
In der renomierten Fachzeitschrift Restauro wurde in Heft 3/2015 ein Bericht über unsere Arbeiten am Kutteltürfenster im Münster zu Ulm veröffentlichte.
Hier finden Sie einen Link zu dem Bericht.