Die mittelalterlichen Glasmalereien von Stadtprozelten die ältesten noch erhaltenen Glasmalereien Unterfrankens

Die Stellung in Unterfranken

Wieso sind die Glasmalereien von Stadtprozelten etwas Besonderes?

Nach dem derzeitigen Stand der Forschungen scheint es sich um die ältesten erhaltenen Glasmalereien in Unterfranken zu handeln.

Die Scheiben sind vorzüglich erhalten. Es sind äußerst wenige, zum Teil noch mittelalterliche Ergänzungen zu verzeichnen. Die Scheiben haben auch ihr ursprüngliches, mittelalterliches Bleinetz bewahrt, was sehr selten ist.


Der Innenraum der Kirche mit dem Chorscheitelfenster
Der Innenraum der Kirche mit dem Chorscheitelfenster
Übersicht der mittelalterlichen Glasmalereien in Unterfranken (in situ)
Übersicht der mittelalterlichen Glasmalereien in Unterfranken (in situ)
  • Arnstein 1480 - 1513 Wallfahrtskirche Maria Sondheim 27 GM, Wappen, Stifter, verschiedene Heilige und Szenen aus dem Leben Christi
  • Bad Neustadt 16. Jh. kath. Schloßkapelle 4 GM, Wappenhaltende Engel, Abendmahl
  • Ebern 1520 kath. Pfarrkirche St. Georg und Vitus 1 GM Madonna im Strahlenkranz
  • Eckartshausen 1500 kath. Filialkirche Mariae Heimsuchung 1 GM Wappenscheibe, Fragmente
  • Enheim 15. Jh. ev. Pfarrkirche 2 GM Kreuzigung, Madonna
  • Gerolzhofen 1450 kath. Stadtpfarrkirche St. Maria de Rosario 4 GM Engel mit Wappen, Strahlenkranzmadonna
  • Iphofen 1425 - 1430 kath. Stadtpfarrkirche St. Veit 68 GM Szenen aus dem Leben der hl. Sebaldus und Veit Irmelshausen 1530 ev. Pfarrkirche 1 GM Kreuzigung
  • Klingenberg ?
  • Mespelbrunn 15. - 16. Jh. kath. Schloßkapelle 5 GM div. Heilige und Himmelfahrt Christi
  • Münnerstadt 1410 - 1420 kath. Stadtpfarrkirche St. Magdalena 270 GM umfassende Darstellungen
  • Oberbessenbach 1470 alte Pfarrkirche 2 GM Maria und hl. Ottilia
  • Stadtprozelten 1325 - 1350 kath. Pfarrkirche Maria Himmelfahrt 7 GM Ornamente
  • Volkach 1470 - 1480 Maria im Weingarten 6 GM Ritter, Maria, Kreuzigung
  • Wässerndorf 1530 kath. Filialkirche St. Cyriakus 1 GM St. Cyriakus

Quelle: "Materialien 2/84" Einwirkungen von Luftverunreinigungen auf ausgewählte Kunstwerke mittelalterlicher Glasmalerei UBA, teils mit eigenen Ergänzungen; ebenso Karte. ? = Ort in Karte verzeichnet, nicht jedoch in Auflistung

 

Die Hintergründe

Die Datierung der älteren Forschung - Anfang 15. Jh. - dürfte als hinfällig zu betrachten sein.

Die relevanten Vergleichsbeispiele, v.a. die Verglasung der ehemaligen Stiftskirche St. Bartholomäus ("Dom") in Frankfurt am Main, sind zwischen ca. 1300 und 1350 entstanden, deshalb ist auch für Stadtprozelten mit einer Entstehung im 14. Jahrhundert zu rechnen.

Denkbar wäre ein Datum um 1325 -1350, jene Zeit, die für den Bau des Chores in Anspruch genommen werden kann.

Eine genaue baugeschichtliche Untersuchung, die dieses mutmaßliche Entstehungsdatum stützen könnte, steht noch aus.

Als ausführendes Glasmaler-Atelier kommt am ehesten eine Werkstatt vom Mittelrhein in Frage.

Dafür sprechen:

  • Die stilistisch sehr nahestehenden Frankfurter Scheiben
  • Die allgemeine Tatsache, daß sich an zahlreichen Orten des Mainlaufs mittelalterliche Kunstwerke befinden, die "mittelrheinisch" geprägt sind.
  • In diesem Fall ließe sich sogar erwägen, daß sie von jenen Glasmalern geschaffen wurden, die auch für den Frankfurter Dom gearbeitet haben.
  • Die Vermittlung von Mainzer oder Frankfurter Glasmalern könnte über die Deutschordenskommende Sachsenhausen erfolgt sein, die mit Prozelten zusammen zu einem Verband gehörte.

Quelle: Dr. Uwe Gast, Corpus Vitrearum Deutschland - Forschungszentrum für mittelalterliche Glasmalerei - Lugostraße 13 - D-79100 Freiburg i. Br. - Telefon: +49 / 761 / 7 55 02 - Telefax: +49 / 761 / 70 93 19 - e-mail: info@cvma-freiburg.de - www.cvma-freiburg.de

 

Die Maßnahmen

  • Ausführliche fotografische Dokumentation in situ als Grundlage für die Sofortmaßnahmen
  • Hinzuziehung von weiteren Fachleuten:
  • Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege Herr Dr. Ulrich Kahle (Bamberg), Frau Dr. Hannelore Marschner (i.R.), Frau Dr. Susanne Fischer (München)
  • Corpus Vitrearum Deutschland Forschungszentrum für mittelalterliche Glasmalerei, Freiburg i. Br.
  • Vorsichtiger Ausbau
  • Ausführliche Diskussion der Maßnahmen
  • Fotografische Dokumentation des Vorzustandes in der Werkstatt
  • Hinzuziehung des CVMA für die ausführliche Bestandsdokumentation
  • Vorsichtige Reinigung
  • Behutsame Retusche (trocken Doublierung) der sehr hellen Fehlstellen
  • Verwindungssteife Rahmung
  • Umarbeitung des Haltesystems, nach den Erkenntnissen aus den von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt geförderten Forschungsvorhaben, ohne Veränderung an den historischen Eisen
  • Schutzverglasung mit Verbundscheibensicherheitsglas 6 mm mit doppelter PVB-Folie
  • Geschuppte Lagerung zum Erhalt sämtlicher vorhandener Gläser
  • Zeichnerische Dokumentation der Maßnahmen
  • Fotografische Dokumentation des Nachzustandes in der Werkstatt

 

Wieso konnte nicht mehr gereinigt werden?

  • Bereits eine behutsame Reinigung ist ein Eingriff in die Originalsubstanz
  • Die Menge des originalen Materials ist begrenzt

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